Die Schmetterlinge müssen weichen

Andreas Steiger hat auf seiner Schrebergarten­parzelle einen Biodiver­sitätsgarten angelegt. Weil dieser «unordentlich» sei, hat ihm der Familiengartenverein Aesch den ­Vertrag gekündigt.

Tagfalterexperte: Andreas Steiger hat seinen Familiengarten für die Insekten optimiert. Foto: Fabia Maieroni

Geschnittene Stauden, umgepflügte ­Beete – in einigen Parzellen des Aescher Familiengartenvereins dominiert das Braun zu dieser Jahreszeit. In Andreas Steigers Garten hingegen ist der Boden überwachsen, Äste liegen aufgeschichtet am Wegrand, Hagebutten schimmern in der Abendsonne. Der gelernte Landschaftsgärtner und -architekt hat auf seiner gepachteten Parzelle einen Garten geschaffen, in dem sich Insekten und Kleintiere wohlfühlen. Auf der Fläche am Rande des Trottmattwegs wachsen zwischen Gemüse auch Wildkräuter, Blumen und Stauden. Doch damit ist bald Schluss. Der Familiengartenverein hat Steiger per Ende Februar gekündigt. Der Grund: Der Garten sei unordentlich und verwuchert.

Steiger verbindet viele Emotionen mit seinem Garten. Sein Vater hatte den ­Garten einst gepflegt. Er war jahrelang Präsident des Vereins gewesen, die Familie bewirtschaftet die Parzelle seit mehr als 30 Jahren. Anfangs hatte Steiger einen Teil des Gartens für die naturnahe Bewirtschaftung vom Vater erhalten. Nach dessen Tod 2016 konnte er die Fläche ganz übernehmen. Seither hat er ihn zu einem Schmetterlingsgarten umgeformt. Dabei hilft ihm seine Expertise: Steiger hat selbst für Pro Natura Gärten besucht, begutachtet und 2020 für den Wettbewerb «Naturgärten – kleine und grosse Paradiese» auch bewertet. Zudem ist er Mitglied und Mitarbeiter bei der Vereinigung Tagfalterschutz Baselland.

Die Diskussionen um die Ordnung auf seiner Parzelle hätten erst in den vergangenen Jahren begonnen, sagt Steiger. «Ich habe versucht, dem Verein näherzubringen, was wertvoll für die Natur ist. Aber ich stiess auf taube Ohren. Man unterstellt mir in der Kündigung aus­serdem, dass ich den Garten in Zukunft nicht ordentlich halten könne, obwohl ich bisher jeder Aufforderung des Vorstandes nachgekommen bin.»

«Ich habe viel mit ihm gesprochen, aber er war nicht einsichtig»

«Wir haben gar nichts gegen Biodiversität, aber auch diesen Garten muss man pflegen», sagt Fritz Oberli, Präsident des Familiengartenvereins Aesch, auf An­frage. Einen solchen Garten anzulegen, heisse nicht, alles wachsen und verlottern zu lassen. Seit 2022 hätte der Vorstand jährlich das Gespräch mit Steiger gesucht, ihn auch schon mehrfach verwarnt. «An der Situation hat sich nicht gross etwas verändert. Er hat jedes Mal wieder ein bisschen im Garten gearbeitet, aber das war nie von Dauer», sagt Oberli. «Ich habe viel mit ihm gesprochen, aber er war nicht einsichtig.» Der Verein habe eine Warteliste. Viele Familien wünschten sich einen Garten, den sie pflegen könnten. «Diese Menschen fragen uns dann, warum dieser Garten so verwahrlost sei. Sie wollen die Fläche für ihre Familien nutzen», sagt Oberli.

Bereits im Herbst 2024 sprach der Verein die Kündigung aus. Steiger focht sie an. Doch am Ende blieb der Vorstand bei seinem Entscheid. «Für uns ist das auch keine schöne Sache», sagt Oberli.

Natur- und Vogelschutzverein schaltet sich ein

Steiger will nun versuchen, eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen. An dieser könnten die Mitglieder des Vereins über die Kündigung beraten. Schützenhilfe erhält er vom Natur- und Vogelschutzverein Aesch-Pfeffingen. Vizepräsident Gerhard von Ah zeigt sich enttäuscht über die Kündigung. «Die Gründe scheinen uns in der heutigen Zeit ziemlich veraltet. Wir appellieren an den Familiengartenverein, diese Kündigung zurückzunehmen und dieses Naturjuwel zu erhalten. Denn ­zerstört ist sehr schnell, aber es braucht viel Zeit und Mühe, eine solch öko­logisch wertvolle Schmetterlings­oase aufzubauen. Unordnung ist ein Teil der Natur», so von Ah.

In Steigers Garten kommen über 40 verschiedene Schmetterlingsarten vor. Die Fläche sei ein wertvoller Ort im Kampf gegen den Rückgang vieler Arten. «Uns stört es, dass Saubergärten als ­wichtiger erachtet werden als ein reicher Schmetterlingsgarten.»

Das Land, auf dem die Familiengärten stehen, gehört der Gemeinde Aesch. ­Diese schreibt sich die Förderung der ­Biodiversität auf die Fahne: In ihrer ­Strategie 2040 hat sie entsprechende Leitsätze verankert. Roman Cueni, Gemeindeverwalter von Aesch, sagt auf Anfrage: «Die Gemeinde Aesch hat das Grundstück dem Familiengarten­verein verpachtet. Der Familiengartenverein handelt im Rahmen des Pacht­vertrags und seiner Statuten. Selbstverständlich begrüsst die Gemeinde Aesch alle Aktivitäten zur Förderung der Artenvielfalt und geht dabei wenn immer möglich mit gutem Beispiel voran.»

Bleibt es bei der Kündigung, wird Steigers Garten Ende Februar verschwinden, neue Pächter sollen übernehmen. Dem Landschaftsgärtner bleiben also noch rund zwei Wochen Zeit, andere von seinem Garten zu überzeugen.

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