Walter Studer: Er wird noch was zeigen

Walter Studer hat keine Zeit, auf sein volles Leben zurückzublicken. Denn er hat noch einiges vor, das er schaffen will.

Der Retter: Walter Studer vor Fenstern, die er beim Abbruch der alten Breitenbacher Kirche gerettet hat.Foto: Gini Minonzio
Der Retter: Walter Studer vor Fenstern, die er beim Abbruch der alten Breitenbacher Kirche gerettet hat.Foto: Gini Minonzio

Behutsam fragen wir Walter Studer per Telefon, wie es ihm gehe. Wir wollen ihn mit unserer Interview-Anfrage nicht überrumpeln, schliesslich wird er am Freitag 90 Jahre alt, der Breitenbacher Erfinder, Foto-künstler, Heimatdichter, Historiker, Urkundenretter, Sportler und Hansdampf in allen Gassen. «Schlecht, ganz schlecht», antwortet er und uns wird ganz anders. «Ich habe vielleicht einen Virus und kann keine E-Mails mehr empfangen!»

Wir sind froh, dass er zumindest uns empfangen kann, und machen innerlich ein Memo, um unsere Vorurteile über 90-Jährige auszumisten. Beim Treffen in seiner überquellenden Stube wollen wir Walter Studer gründlich ausquetschen und unseren Leserinnen und Leser den Mann mit den vielen Facetten und der grossen Schaffenskraft näherbringen. Woher hat er seine vielen Ideen? Was verleiht ihm die ewig sprudelnde Energie und Neugier? Was ist an den Heimatwurzeln so wichtig? Wie bleibt er so frisch?

Wir versuchen wacker, den Menschen Walter Studer für unsere Leserinnen und Leserfreizulegen. Die nötigen Fragen stellen wir alle. Und wir erhalten auch leidenschaftliche Antworten. Sie lauten immer gleich: «Nein! Ich wollte dir noch etwas zeigen.»Und dann steht er jeweils auf und holt eine seiner zahlreichen Erfindungen hervor. Diese lassen sich gar nicht alle aufzählen, die Liste wäre zu lang. In der Uhrenfabrik Brac reichte er beispielsweise das Patent für eine Plastikuhr ein, lange bevor Swatch sie herstellte. Oder in der Isola konnte er das allerdünnste Kabel der Welt herstellen. Oder seine neuste Erfindung: Stühle, die sich in Tische verwandeln.

Vielfältiger Schreiber

Zwischendurch steht er auch auf, um einige historische Dokumente zu zeigen, die er im Verlauf seines langen Lebens aus diversen Breitenbacher Abfallmulden gefischt hat. Das älteste Pergament stammt von 1501! Vor zwanzig Jah- ren nahm er die Zusammenarbeit mit der Genealogisch-Heraldischen Gesellschaft der Regio Basel auf. Diese erfasste mehr als Tausend Dokumente und tippte sie ab, sodass sie digital abgefragt werden können.

Und immer wieder springt er auf, um einen Teil seiner zukünftigen Projekte zu zeigen. «Neun Bücher habe ich im Köcher», sagt er dazu. Dieser zeigt seine breit gefächerten Interessen. Es sind Fotobücher der näheren Umgebung: «Wo unsere Berge sich erheben in 2 Bänden» und «Wasserfälle im Schwarzbubenland». Dazu will er sich weiter als Dichter betätigen und hat neue Schmunzelgeschichten und Gedichte verfasst. «Jeweils ein Buch über meine Entwicklungen und über meine Kunstarten ist schon in Vorbereitung», sagt er weiter. Und auch seine Seite als Historiker will er noch ausleben mit Büchern über lokale Kinderspiele oder zum Thema «Breitenbach im Spiegel seiner Chronisten».

Der Unangepasste

Walter Studer steht in vielen Dingen einfach quer. Während andere Golduhren fabrizieren, erfindet er eine Plastikuhr. Was andere in die Tonne werfen, fischt er wieder heraus. Während andere zufrieden den Lebensabend geniessen, hat er mehr Projekte als viele Junge. Seine eigenständige, ja geradezu widerborstige Art ist seiner Umgebung oft zu viel. Der Neid und das Unverständnis waren an seinen Arbeitsstellen so gross, dass viele seiner Ideen inklusive seiner Plastikuhr schubladisiert wurden.

Ein Dorfmuseum mit seinen vielfältigen Funden ist bis heute nicht zustande gekommen. Mangelnde Anerkennung wurmt ihn. Doch seine Schaffenskraft bremst sie nicht. Wir sind froh, denn auf seine zukünftigen Bücher sind wir gespannt. Wer mehr dazu erfahren will, kann Walter Studer an seinem Geburtstag treffen.

Er macht nämlich im Restaurant s’Zähni in Breitenbach eine Feier, und zwar am Freitag, 2. Februar, von 14 bis 18 Uhr. Und dann strahlt er: «Ich lade alle ein, die mich mögen!»