«Synergien sollen genutzt werden»

Vor 30 Jahren entstand das Alterszentrum Breitenbach (AZB) — dazumal mit Pioniercharakter. Antreiber des Vorzeigeprojekts war Heimleiter Urs Spielmann. Im Interview blickt er zurück und regt zu einem weiteren Meilenstein für die ­Zukunft an.

Mit Sicht auf seinen ehemaligen Arbeitsort: Urs Spielmann, ehemaliger Heimleiter auf der Terrasse seiner Wohnung in Breitenbach, im Hintergrund das AZB. Foto: Gaby Walther
Mit Sicht auf seinen ehemaligen Arbeitsort: Urs Spielmann, ehemaliger Heimleiter auf der Terrasse seiner Wohnung in Breitenbach, im Hintergrund das AZB. Foto: Gaby Walther

Als das Alterszentrum Breitenbach vor 30 Jahren seine Tore öffnete, interessierte sich auch das Schweizer Fernsehen für das neue Heim und brachte auf DRS ­Aktuell eine Sonderwoche darüber. Aussergewöhnlich war damals, dass ein Heim mit einem öffentlichen Restaurant und einem Kulturforum einen Begegnungs­ort für die breite Bevölkerung und Heimbewohnerinnen und ­-bewohner schuf. Urs Spielmann, von 1992 bis 2011 erster Heimleiter, war von ­Anfang an bei der Planung dabei.

Herr Spielmann, was hat sich in den letzten 30 Jahren im Heimbereich ­verändert?

Die Grundproblematik ist die gleiche ­geblieben. Heute bleiben die Menschen jedoch länger zu Hause. Die Altersheime sind am Verschwinden, Pflegeheime und vor allem Unterstützungsarbeit wie ­betreutes Wohnen, pflegerische und hauswirtschaftliche Dienstleistungen, Mahlzeiten­dienst etc. nehmen zu. Der Fokus der Gemeinden sollte somit beim Ausbau und der Förderung der Spitex-Dienste liegen.

Gemäss einer Studie des schweizerischen Gesundheitsobservatoriums ­sollten bis 2040 mehr als 50000 neue Langzeitpflegebetten geschaffen ­werden. Wie sieht das für unsere Region aus?

Für die Region Schwarzbubenland/Laufental rechne ich im Jahre 2040 aufgrund der Einwohnerzahl mit einem Bedarf von etwa 380 Betten. Derzeit weist die Region 263 Plätze aus (AZB Breitenbach 63 Plätze, Rosengarten Laufen 130 Plätze, Zepa Breitenbach 93 Plätze und AH Stäglen Nunningen 31 Plätze). Ein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht zwar momentan noch nicht. Aber längerfristig fehlen bis 2040 unter Berücksichtigung eines Wachstumsbedarfs vom 50 Prozent ca. 140 Langzeitpflegebetten. Momentan gibt es andere Herausforderungen: Die kognitiv eingeschränkten Patienten (z. B. Alzheimerkrankheit) werden höchstwahrscheinlich zunehmen. Auch die ­abnehmende Mobilität stellt neue Herausforderungen an das Pflegepersonal. Die Anspruchshaltung der Pensionäre und von deren Angehörigen werden steigen. Die heutigen Leistungsempfänger sind einen hohen Lebensstandard gewohnt. Sie sind anspruchsvoller, selbstsicherer und entscheidungsfreudiger als ihre ­Vorgeneration.

Wo sehen Sie neue Möglichkeiten?

Die Region könnte einen schweizerischen Meilenstein setzen, zum Beispiel eine neue, gesamtschweizerisch anerkannte, öffentliche Zertifizierung für High-Trust-Heime injizieren; sie mitaufbauen und sich dieser anspruchsvollen Prüfungsprozedur selbst als Erste unterziehen.

Gibt es Möglichkeiten zur Nutzung von Synergien?

Synergien monetärer Art finden die Heime im gesamtschweizerischen Kontext, verfügt doch der Heimverband Curaviva über einen Einkaufspool, der hervorragende Konditionen offeriert. Ich sehe ­Synergien eher in der Administration und im Pflegebereich, zum Beispiel mit Springer­funktionen. Damit dies jedoch funktioniert, sind geeignete Rahmen­bedingungen zu schaffen.

Was müsste unternommen werden?

Ein erster Schritt wäre ein Leitbild für eine umfassende stationäre, halbstationäre und ambulante Altersversorgung in der Region. Nicht jedes Heim muss das gleiche Leistungsangebot haben. Aber die ­künftigen Leistungsaufträge müssten gemeinsam diskutiert werden, damit die Versorgung im Alter zukunftsorientiert und optimal vernetzt werden kann.

Wie würde die Zusammenarbeit aller Heime der Region aussehen?

Wahrscheinlich käme man nicht darum herum, zumindest bei den interkantonalen Institutionen, dem Zepa und der zu planenden neuen Institution, ein strategisches Dach zu formieren, zum Beispiel in Form einer Aktiengesellschaft der ­Gemeinden des Thierstein und des Laufentals. Dies hätte zur Folge, dass ein neuer Verwaltungsrat gebildet werden müsste, der für beide Heime zuständig wäre. Dabei sollte man auch die Erfahrungen im Zusammenarbeitsmodell ­zwischen dem Zentrum Passwang und dem Seniorenzentrum Rosengarten Laufen analysieren und minutiös auswerten. Immerhin entstünde ein neuer interkantonaler Arbeitgeber mit insgesamt über 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Zum Schluss: Würden Sie heute ein Heim anders führen als noch vor 30 Jahren?

Mit meinen 75 Jahren weiss ich zwischenzeitlich aus eigener Erfahrung natürlich viel besser, was die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner sind. Ich verstehe zum Beispiel besser, weshalb jemand sich mit kleinen Schritten ­vorwärtsbewegt und wie wichtig Handläufe sind. Ich würde noch mehr Wert auf den Austausch zwischen dem Heim­leitungsteam und den Angehörigen setzen. Gerade Corona zeigte auf, wie wichtig der Kontakt mit den Angehörigen ist.

Offizielle Jubiläumsfeier 30 Jahre AZB, Bodenacker­strasse 10, Breitenbach, Samstag, 4. Juni, von 10 bis 18 Uhr: Programm mit Aufführungen, Informationsständen, Überraschungen, für die Kinder bietet die Ludothek Laufental-Thierstein einen Unterhaltungsbereich an.