«Pionierarbeit in allen Bereichen»
Nachdem die Marry Jane AG den Solothurner Unternehmer-Newcomerpreis gewonnen hatte, gab es von der Behörde eine unangemeldete Polizeikontrolle und diesen Montag Besuch von der Regierungsrätin.
Bei den Preisen für Hanfblüten verzeichnete der Markt in den letzten Jahren einen Preiszerfall. Allerdings ist das Geschäft, das in der Schweiz bei einem THC-Gehalt unter einem Prozent legal ist, noch immer sehr lukrativ. Der Kilopreis liege derzeit bei 1200 Franken, erfuhr Regierungsrätin Brigit Wyss und ihre Delegation des Solothurner Volkswirtschaftsdepartements am Montag bei der Firmenbesichtigung der Marry Jane AG in Breitenbach.
Die aufstrebende Unternehmung, die in den Hallen der ehemaligen Isola Hanf im ganz grossen Stil anbaut, wurde im Januar 2022 mit dem Solothurner Unternehmer-Newcomerpreis ausgezeichnet. «Der Einblick zeigt, die Gründer leisteten in fast jedem Bereich ihrer Unternehmung Pionierarbeit», resümierte Wyss. Zum einen sorgt die Marry Jane AG mit einem ausgeklügelten Belichtungs- und Bewässerungssystem für eine Verfünffachung der Ernte. Zum anderen hat sie in Zusammenarbeit mit einem Schweizer Maschinenhersteller vom Eintopfen, dem Ernten über den Trocknungsprozess bis zur Abpackung einen Grossteil der Abläufe automatisiert.
50 Arbeitsplätze in drei Jahren
Dabei schuf die Unternehmung in den letzten drei Jahren 50 neue Arbeitsplätze und plant, bis 2024 die Produktionsfläche um 3000 Quadratmeter zu erweitern. Im Visier haben die Jungunternehmer den Zukunftsmarkt Medizinalhanf und die Veredelung. Bereits jetzt geht ein Teil der Blütenproduktion in die Weiterverarbeitung im Bereich Kosmetika und Naturheilmittel. Im Moment liege der Schwerpunkt auf der beruhigenden Wirkung des CBD (Cannabidiol). Die Produkte sind im Detailhandel erhältlich, in Zukunft wohl auch an jedem Kiosk.
Beim THC (Tetrahydrocannabinol) der berauschenden Wirkung hält sich die Marry Jane AG strikt daran, unter einem Prozent zu liegen. Dies wird sichergestellt mit einem internen und externen Controlling im Labor. Erst vor kurzem hatte die Unternehmung eine unangemeldete Kontrolle der Strafbehörde. 40 Polizisten durchkämmten die Anlage und fanden kein Haschisch, sondern nur die erlaubten Blüten mit einem THC-Gehalt unter einem Prozent. «Bei der Qualität der Blüten einen Standard zu erreichen, gehörte zu den wichtigen Zielen, die wir uns gesetzt hatten», erklären Firmengründer Mischa Gribi und Afrim Saliu und verweisen stolz darauf, dass ihr Qualitätsmanagement ISO-zertifiziert ist. Wer ein Produkt der Marry Jane AG kauft, kann über die App nachverfolgen, wann die Hanfblüte den Trocknungsprozess erreicht hatte. «Auf dem Markt können wir uns von jenen Produkten abheben, die beim Geschmack keinen Standard haben», betont Saliu.
Dass sich die Marry Jane AG im solothurnischen Breitenbach niedergelassen hat, beruhe auf der Möglichkeit, grosse Fabrikhallen zu günstigen Konditionen langfristig mieten zu können und beim Strompreis vom Grossbezug der Von Roll zu profitieren. Der Preisanstieg beim Strom werde sie erst ab 2024 treffen, gibt Gribi zu verstehen. «Inzwischen fühlen wir uns im Schwarzbubenland sehr wohl und setzen bei den Wachstumsplänen ganz bewusst auf diesen Standort», meint Saliu und führt aus: «Bei der Rekrutierung des Personals sind wir in der Region Basel und im benachbarten Frankreich fündig geworden.»
Diskussion über die Legalisierung auch im Solothurner Parlament
Grundsätzlich rechnen die tüchtigen Jungunternehmer mit zunehmender Nachfrage nach Hanfblüten. Laut Studien sollen aktuell in der Schweiz pro Tag eine halbe bis eine Million Joints geraucht werden. In einer Befragung gaben 7,7 Prozent der Schweizer Bevölkerung an, Hanf zu konsumieren. Dabei vermischen sich das legale und das illegale Angebot. Der Bund geht davon aus, dass der Anteil des illegalen Hanfes pro Jahr 40 bis 60 Tonnen ausmacht — die Diskussion über die Legalisierung des höheren THC-Gehalts ist in vollem Gang (nächste Woche auch im Solothurner Parlament).
In Amerika sind Hanfblüten mit einem hohen THC-Gehalt in den letzten Jahren teilweise legalisiert worden, zum Beispiel in den Bundesstaaten Alaska, Arizona, Connecticut, Colorado, Illinois, Kalifornien, Oregon, Maine, Massachusetts, Michigan, Montana, Nevada, New Jersey, New Mexico, New York, Rhode Island, Vermont, Virginia und Washington. In Minnesota trat im Juli 2022 ein Gesetz in Kraft, welches jeder Person ab 21 Jahren erlaubt, Esswaren und Getränke mit bis zu fünf Milligramm THC-Hanf pro Portion zu kaufen. «Wir hatten von Anfang an den amerikanischen Markt beobachtet und in der Analyse der Entwicklung in der Schweiz unsere Schlüsse daraus gezogen», meint Gribi.