Neue Hoffnung für das Kloster Mariastein
Das Erscheinungsbild vom Kloster Mariastein wird sich verändern, die Immobilien werden eine neue Nutzung erhalten. Diese hängt vom Zukunftsentscheid der Klostergemeinschaft ab.

An den Sonntagen bildeten die Einwohner der Region Basel Pilgerströme nach Mariastein, auf dem Heimweg machten sie Halt in einem der vielen Restaurants in Flüh. Heute sind es Familien, Einzelpilger aber auch Reisecars, die das Erscheinungsbild in Mariastein prägen. 250000 Besucher pro Jahr sind es gemäss den neusten Zählungen. Die Menschen aus aller Welt steigen den Treppengang hinunter in die Gnadenkapelle im Felsen und besuchen den dortigen Gottesdienst oder die Andacht in der Basilika. Viele von ihnen sind dankbar für die Führungen durch die Benediktinermönche, bei ihnen auf ein offenes Ohr zu stossen und Segen zu erhalten. Sie sind dankbar, in Mariastein Hoffnung und Kraft zu finden. Tausende Dankesschriften zieren die Wände. Laut einer Legende soll im 14. Jahrhundert ein Bub vom Felsen in die Tiefe gestürzt sein. Er überlebte dank der Hilfe von Gottesmutter Maria. Daraufhin wurde die Gnadenkapelle errichtet. 1648 bauten die Benediktinermönche über der Gedenkstätte ein Kloster. Die Klostergemeinschaft ist überzeugt: «Die Überlieferung beinhaltet auch eine Verheissung und eine göttliche Hoffnung: Menschen, die Halt in ihrem privaten, im sozialen oder im geschäftlichen Leben suchen, werden nicht fallen gelassen oder sie werden aufgefangen.»
Die Klostergemeinschaft pflegt nach wie vor die Gastfreundschaft und bietet Menschen, die vorübergehend in das Klosterleben eintauchen möchten, auch einen Platz an im Gästehaus. Dieses umfasst 20 Betten in verschiedenen Zimmern mit Dusche und WC, ohne Fernseher. Wer an die Türe des Klosters klopft, hatte bisher immer das Glück, dass sie aufging. Doch die Benediktiner stossen an ihre Grenzen. Die meisten von ihnen sind in hohem Alter, und die Arbeit in dem riesigen Anwesen verteilt sich auf immer weniger Hände. In den letzten Jahrzehnten nahm die Zahl der Mitglieder ab von über 50 auf 17. Ob das Kloster seine Türen einst schliessen würde oder wem die jetzige Gemeinschaft ihre Aufgaben anvertrauen möchte, ist ein Denkprozess unter dem Titel «Mariastein 2025». Dabei spielt die reifliche Überlegung eine wesentliche Rolle: «Gut Ding will Weile haben», erklärte Abt Peter von Sury. Die Leitung des Projektes hat die Gemeinschaft dem Medienprofi Mariano Tschuor anvertraut. Er hatte seine erfolgreiche Karriere beim Schweizer Fernsehen mit der Frührente beendet und entschieden, seine Zeit in Hilfsprojekte zu investieren. Er hat in der Schweiz Mandate bei verschiedenen Stiftungen, bei denen das Menschsein im Zentrum steht.
Auch beim Projekt «Mariastein 2025» stehe ganz klar der Mensch im Mittelpunkt, betont Tschuor auf Anfrage dieser Zeitung. «Es ist kein Finanzprojekt, bei dem die Rentabilität der klostereigenen Immobilien hochgerechnet würde.» Wie zum Beispiel die grosse Scheune des alten Klosterhofes oder das Gebäude, in dem die Polizei eingemietet ist, oder das gegenüber liegende Wohnhaus, in dem Tschuor nun sein Büro eingerichtet hat, genutzt werden sollen, werde sich aus der Antwort der Klostergemeinschaft auf ihre persönliche Zukunftsfrage ergeben. Nach Lösungen gesucht wird in Arbeitsgruppen mit Beratungen durch Fachpersonen. Dabei geht es um die «Zukunft der Klostergemeinschaft: Entlastung vom Tagesgeschäft, Anpassung der Wohnsituation, Erweiterung und Neustrukturierung der Trägerschaft.» Und um «die Neuausrichtung der Wallfahrt.» Aber auch um die Suche nach «neuen Tätigkeitsfeldern und Kooperationen» und um Vorschläge, wie die Infrastruktur dann entsprechend angepasst werden könnte.» Die Frage, wie die Umbauten zu finanzieren sind, werde zu einem späteren Zeitpunkt geklärt werden.
Klosterplatz aufwerten
In den Prozess miteinbezogen würden natürlich auch die Behörden. Die Gemeinde Metzerlen-Mariastein ist Eigentümerin des Klosterplatzes und sie entscheidet mit, wie die Visitenkarte des Wallfahrtsortes daherkommt. Die Klostergemeinschaft wünscht sich einen autofreien Platz, der einladend wirkt und mehr Spielraum lassen würde für Anlässe im Bereich der kulturellen Begegnung, erklärt Tschuor.
Bereits definiert ist, dass man bei der Neuausrichtung offen ist für eine Zusammenarbeit mit Dritten, wobei aber noch nicht feststehe, wer dafür infrage komme, also ob und welche neue Gemeinschaft im Kloster einziehen oder in einem anderen Gebäude ein Begegnungszentrum betreiben könnte, gibt Tschuor zu verstehen. Im Hinblick auf den Wandel der Kirche verweist er darauf, «dass es in Mariastein an einem Sonntag bis zu drei Gottesdienste gibt und diese sehr gut besucht sind, während in den umliegenden Gemeinden viele Kirchenbänke leer bleiben». In Zusammenarbeit mit den Kirchgemeinden, dem Pastoralraum und der Diözese Basel könnte Mariastein zu einem pastoralen Versammlungsort ausgebaut werden, so Tschuor. Der Büdner, der eine Klosterschule besucht hatte und von Mariastein schon seit geraumer Zeit fasziniert ist, geht auf jeden Fall davon aus, dass «die Menschen spirituelle Kraftorte brauchen, heute mehr denn je».
Die Botschafter des Klosters Mariastein
29 Personen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens unterstützen das Projekt «Mariastein 2025». Mit neuen Ideen will das Benediktinerkloster die Zukunft des weltberühmten Wallfahrtsortes sichern. Das Patronatskomitee wurde aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Nordwestschweiz und des benachbarten Auslandes gebildet. Als Botschafterinnen und Botschafter geben sie inhaltliche Impulse, gleichzeitig sind sie Türöffner zur Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Geplant ist jeweils ein Treffen pro Jahr, die Startsitzung fand vor zehn Tagen im Kloster statt.