Kunst-volle Abschiedsparty für die «Papiri»

Zu seinem 40-Jahr-Jubiläum lancierte der Schlossverein Zwingen vor einem Jahr das Projekt «Living Memory». Schüler, Studenten und Kunstschaffende präsentierten am Samstag ihre kreativ umgesetzten Erinnerungen an die 2004 geschlossene Papierfabrik Zwingen.

Kapellen-Installationen: Das OK mit Patrick Doppler (stehend), Kuratorin Barbara van der Meulen und Schlossverein-Präsident Markus Jermann sehen und hören sich «Feature» und «Porträts einer Fabrik» an. Foto: Martin Staub
Kapellen-Installationen: Das OK mit Patrick Doppler (stehend), Kuratorin Barbara van der Meulen und Schlossverein-Präsident Markus Jermann sehen und hören sich «Feature» und «Porträts einer Fabrik» an. Foto: Martin Staub

Viele Worte wollten die Verantwortlichen des Projektes «Living Memory» an der samstäglichen Vernissage zur gleichnamigen Ausstellung nicht verlieren, zumal die Gymi-Klasse 2 AB/W mit ihrer musikalischen Eigenkomposition «Arbeiter Blues» gleich für das passende «Papiri-Feeling» sorgte. «Dieses Wochenende ist ein Fest der Sinne und der Kunst», stellte Markus Jermann, Präsident des Schlossvereins, mit einigen Emotionen fest. Die Ausstellung und das Fest seien ein Geschenk an die ehemaligen Mitarbeiter der Papierfabrik und an die Bevölkerung, gleichsam als Abschiedsparty, gleichzeitig aber auch als Willkommensparty für Neues. In seiner Grussadresse meinte Landratspräsident Franz Meyer am bereits 28. Auftritt seiner Präsidialzeit mit Blick auf die neuen Zonenvorschriften: «Ein Abschied setzt auch Impulse, dass in der Zukunft Neues entstehen kann.» Eine Zukunftsvision, die auch Zwingens neuer Gemeindepräsident Ermando Imondi in seinem kurzen Abriss über die lange Geschichte der 1913 gegründeten Papierfabrik teilte. «Die Kunstintervention versüsst den Abschied», lud Imondi zum «tollen» Rundgang ein. Last but not least hatte auch Barbara van der Meulen, Verantwortliche und Kuratorin der Ausstellung, einiges zu sagen, vor allem aber zu danken. Den 18 Kunstschaffenden, den Schulen aus Laufen und Zwingen, den Studenten der Hochschule für Gestaltung und Kunst, den Vereinen und ganz besonders der Gemeinde Zwingen: «Ohne ihr Engagement hätten wir die Ausstellung nicht geschafft.»

Papierfabrik-Revival

Der Rundgang durch das ungewöhnliche und früher teilweise unzugängliche Ausstellungsareal zeigte eine dichte Fülle an überraschenden Eindrücken. So liess etwa die Gastronautische Gesellschaft Basel in ihrem sensationellen Holzkanal gestorbene Arbeitsprozesse der Fabrik in gefalteten Papierschifflein bachab gehen. Einst perfekte Arbeitsprozesse, nun verkörpert durch exquisite mit Tomaten- oder Olivenpaste verfeinerte Brothäppchen als postmortales Paradies. Eine raffinierte Hommage an alle gekündigten Angestellten realisierte die Künstlerin Nadine Cueni mit der Projektion derer damaliger Passfotos auf windbewegte Papierbahnen. Im gleichen Atemzug zu nennen sind auch die hervorragenden Porträts in Bild und Text der Gymi-Klasse 2 ISZ, welche ehemalige Angestellte als «Zeitzeugen» befragte. Mit grossen sich immer wieder mit frischer Luft füllenden Luftblasen, begleitet von vielfältigen Fabrik-Klängen, liess das Künstlerduo Last in «prendre l’air» die Erinnerung an eine Zeit aufleben, als der «Papiri» noch nicht der Schnauf ausgegangen war. Dass nach der Schliessung von 2004 die Natur im Areal nicht klein beigab, bewies die Bio-Klasse von Christoph Keller mit ihrer Arbeit «Rückeroberung durch die Natur» und mit einer Sammlung von im Areal gewachsenen Pflanzen.