Tabuthema Palliative Care
Im Rahmen der nationalen Palliativ-Woche erklären Mitarbeitende des Seniorenzentrums Aumatt, was geschieht, wenn Heilung nicht mehr möglich ist.
Bei Palliative Care – früher Palliativversorgung – geht es nicht darum, Menschen zu heilen, sondern Personen mit einer nicht heilbaren Grunderkrankung ein möglichst würdiges Leben bis zum Tod zu ermöglichen. Viele chronische Leiden wie Herz- und Lungenerkrankungen, Krebsarten oder Nierenfunktionsstörungen sind langsam fortschreitend, führen nach Jahren bis Jahrzehnten zum Versterben. Anlässlich der nationalen Palliativ-Woche lädt das Seniorenzentrum Aumatt am kommenden Dienstag unter dem Titel «Wenn Heilung nicht mehr möglich ist» zu einem Referat mit anschliessender Diskussion ein. Als Referentinnen werden Cornelia Bläuer, Leiterin spezialisierte Pflege und Pflegeentwicklung, und Pflegeexpertin Ayse Canbaz Informationen aus erster Hand bieten und Fragen der Interessierten beantworten.
Im Interview mit dem Wochenblatt erzählt Ayse Canbaz: «Wir haben in diesem Jahr unser Konzept zum Thema fertiggestellt. Es wurde von Fachpersonen aus unterschiedlichen Berufsgruppen erarbeitet.» Denn Palliative Care deckt nicht nur medizinische Fragen in der Sterbephase, sondern auch Aspekte der Lebensgestaltung und rechtliche Belange in Jahren oder Jahrzehnten davor ab. Aus diesem Grund sind viele Berufsgruppen – Pflegende, Therapeuten, Ärztinnen und Ärzte – auf die eine oder andere Weise in Palliative Care involviert. «Es ist wichtig, dass wir die Bewohnerinnen, Bewohner und wenn möglich ihre Angehörigen gut kennen, und wissen, wie ihre Werte sind», erzählt Cornelia Bläuer.
Grosse Verantwortung
Die Einbeziehung der Angehörigen beginne bereits bei Eintritt der Bewohnerinnen und Bewohner. «Bald besprechen wir mit ihnen, was geschehen soll, wenn die Sterbephase eintritt. Dort kommt es nämlich immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten in den Familien», sagt Canbaz. Oft wünsche der Bewohner keine zusätzlichen Massnahmen zur Lebensverlängerung, die Angehörigen dagegen pochten auf eine Spitaleinweisung. «Dann ist es an uns, in die Diskussion zu gehen, die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen. Macht ein schwerer medizinischer Eingriff in einem bereits geschwächten Zustand Sinn? Solche Fragen müssen geklärt werden.» Grundsätzlich gelte: Solange der Bewohner noch ansprechbar und zurechnungsfähig ist, hat er das letzte Wort. «Schwierig wird es, wenn eine Person etwa an Demenz erkrankt ist, keine Angehörigen und keine Patientenverfügung hat. Dann müssen wir uns auf das Bauchgefühl verlassen.» Gerade in solchen Fällen komme den Pflegenden und dem medizinischen Personal eine hohe Verantwortung zuteil. «Natürlich wird versucht, möglichst viele Personen – wie etwa auch den Hausarzt – in die Entscheidung mit einzubeziehen.»
Erträgliche Schmerzen
Auf die Frage, warum Palliative Care noch immer mit einem Tabu behaftet sei, sagt Bläuer: «Sterben macht Angst, unsicher, man fragt sich, was da auf einen zukommt.» Viele Menschen fürchten sich vor allem vor Schmerzen, die mit dem Sterben verbunden sind. Deshalb wählen nicht wenige Menschen den Weg über Exit – um abzuleben, bevor Schlimmstes eintritt. «Auch bei uns wird immer wieder die Diskussion um Sterbehilfe geführt. In Institutionen wie dem Seniorenzentrum Aumatt ist diese aber zurzeit nicht möglich. Bei Palliative Care geht es um Begleitung, nicht um aktive Sterbehilfe», so Ayse Canbaz. Ob denn mittels Palliative Care ein schmerzfreies Sterben möglich sei? «Ziel ist es, die Symptome auf ein erträgliches Niveau zu senken. Zu sagen, das ginge schmerzfrei, wäre nicht ehrlich.»
«Wenn Heilung nicht mehr möglich ist», Dienstag, 14. November, 17.30–19 Uhr, Seniorenzentrum Aumatt. Anmeldung: verwaltung@sz-aumatt.ch / 061 717 15 15