Reinach, eine archäologische Goldgrube
Letzte Woche präsentierte die Kantonsarchäologie im Heimatmuseum Reinach die wichtigsten Funde aus dem Jahr 2021.
Von 4200 Jahren vor Christus bis ins frühe Mittelalter: In Reinach konnten die Baselbieter Archäologinnen und Archäologen im vergangenen Jahr gleich mehrmals in frühere Zeitepochen blicken. Naheliegend also, dass der Archivleiter Andreas Fischer und der Kantonsarchäologe Reto Marti letzte Woche das Heimatmuseum von Reinach mit seiner umfangreichen Archäologie-Ausstellung wählten, um die interessantesten Entdeckungen von 2021 zu präsentieren.
Schon Ende 2020 wurde mit dem Aushub für eine Wohnsiedlung an der Fleischbachstrasse in Reinach begonnen, und in Anbetracht der vielen Funde, die seit 1993 auf dem Grundstück gemacht wurden, begleiteten die Archäologinnen und Archäologen die Bauarbeiten aufmerksam. Mit Erfolg: Sie fanden Hinweise auf Siedlungsaktivitäten im 5. Jahrtausend vor Christus. «Viele archäologische Schätze wurden über die lange Zeit durch Überschwemmungen des Fleischbachs fortgespült», sagt Andreas Fischer – dennoch fanden sie Gargruben, in denen die Menschen in der Jungsteinzeit mit heissen Steinen gekocht hatten. Keramikfragmente, Tierknochen, Überreste einer Feuerstelle und eine Bronzenadel deuten darüber hinaus auf eine bronzezeitliche Ufersiedlung hin.
Bote zwischen Himmel und Erde
Auch über das frühmittelalterliche Reinach wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Zum einen ergänzen Hausmauern und Keramikstücke, die in einer Baustelle an der Brunngasse entdeckt wurden, das Mosaik des mittelalterlichen Dorfes. Die neu entdeckten «Grubenhäuser» waren mit «Siedlungsabfall» gefüllt, den die Menschen in den aufgegebenen Gebäuden hinterlassen hatten; für Forschende heute wertvolle Objekte, die Einblicke in die Lebensweise vom späteren 6. bis ins 8. Jahrhundert gewähren.
Zum anderen gab es im frühmittelalterlichen Gräberfeld an der Baselstrasse eine nationale Premiere: An den Pfeilspitzen im Grab eines Mannes aus dem 6. Jahrhundert wurden Fellreste gefunden, die durch modernste Technologien als Eichhörnchenfell identifiziert werden konnten.
Das Eichhörnchen hat in der nordischen Mythologie eine besondere Bedeutung: «Ratatosk» klettert die Weltesche «Yggdrasil» hinauf und hinab und kommuniziert zwischen Himmel und Erde. Doch das Tier war in Skandinavien auch kommerziell sehr interessant: Die schicken grau-weissen Eichhörnchenfelle waren ein luxuriöses Handelsgut und wurden in grossen Mengen bis ans Mittelmeer exportiert, ab dem hohen Mittelalter auch durch die Hanse. In Reinach gelang nun der erste archäologische Nachweis in der Schweiz und einer der frühesten überhaupt.
Glück und Pech
Auch in anderen Gebieten des Baselbiets wurden 2021 einige archäologisch wertvolle Objekte entdeckt. «Die ehrenamtlichen Mitarbeitenden trugen im vergangenen Jahr zu vielen wichtigen Funden bei», betonen Andreas Fischer und Reto Marti. So auch eine Münzenbörse, die jemand gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Gebiet Lochmatt in Langenbruck verloren hatte. Ein Pech für ihn – die 20 Münzen aus Basel, Bern und Solothurn waren 15 Liter Wein oder 15 Kilo Weizen wert. Doch ein Glück für die Forschenden: Die einheitlichen Masse der Münzen zeigen, wie die Kantone, bei denen damals das Münzrecht gelegen hatte, in gemeinsamer Absprache das Umrechnen der verschiedenen Währungen in der Alten Eidgenossenschaft vereinfacht und so den Handel gefördert hatten.
Ein weiterer ehrenamtlicher Späher entdeckte in Muttenz ein kleines, radförmiges Objekt – eine römische Phalera aus dem 4. oder 5. Jahrhundert: ein Bestandteil des Pferdegeschirrs, das damals aus dem iberischen Raum stammte und mit einem Pferd oder durch einen Soldaten importiert wurde.