Neues Schulkonzept verspricht mehr Lust am Lernen
Der «Lernort Erle» kombiniert individuelles Lernen in der Schule mit Betreuung durch die Eltern zu Hause – ein Novum in der Region.
Kinder und Jugendliche, die von einem Termin zum nächsten rennen und nebenbei noch Schulstoff büffeln, sind heutzutage eher Regel als Ausnahme. Deshalb wirkt das, was gerade im hügeligen Westrand von Reinach entsteht, wie aus der Zeit gefallen: Der «Lernort Erle», eine «Schule für individuelles und bindungsbasiertes Lernen» wird auf Beginn des kommenden Schuljahres den Betrieb aufnehmen.
Das Angebot der vom Kanton bewilligten Privatschule umfasst 28 Plätze von Kindergartenstufe bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit. Das ländlich anmutende Gebäude, das jetzt noch vom Zentrum Erlenhof genutzt wird, liegt an der Erlenhofstrasse 29, ein idyllischer Ort, eingebettet in einen blühenden Garten, der das Gefühl von Geborgenheit und Familie ausstrahlt. Das ist kein Zufall, denn: «Die Grundlage für Bildung ist Beziehung», so steht es im pädagogischen und auf wissenschaftlichen Grundlagen erarbeiteten Konzept der Schule. Emotionale Geborgenheit und damit die seelische Entwicklung des Kindes komme in der Staatsschule, wo eine Lehrperson mehr als 20 Kinder betreuen muss, häufig zu kurz – Lernen werde oft nicht als lustvoll, sondern als Zwang empfunden.
Mehr Familienzeit
Im «Lernort Erle» soll dies anders sein: Jede Schülerin, jeder Schüler komme in den Genuss einer individuellen Begleitung durch ausgebildete Lehrpersonen. Das Bildungsangebot, das sich am Lehrplan 21 orientiert, umfasst drei Schultage die Woche, an den anderen Tagen findet das Lernen zu Hause unter Begleitung und in Zusammenarbeit mit den Eltern statt. Die Nachfrage nach «alternativen Bildungsangeboten» sei gross, erzählt Gründerin und Leiterin der Schule, Martina Miedaner. Sie und ihr Mann hatten sich schon vor Jahren entschieden, ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken, sondern zu Hause zu unterrichten, und zwar nicht im Sinne von Homeschooling, bei welchem der Schulstoff nach einem vorgeschriebenen Raster vermittelt wird, sondern nach dem Konzept des Freilernens, welches davon ausgeht, dass jedes Kind lernen will, doch eben auf seine ganz eigene und individuelle Weise. «Hinzu kommt, dass man auf diesem Bildungsweg mehr Zeit als Familie verbringen kann. Das ist sehr wertvoll.» Mit der Zeit reifte die Idee, eine eigene Schule, die auf diesem Konzept basiert, zu gründen. «Dadurch, dass wir mit unseren Kindern nur gute Erfahrungen gesammelt hatten, hat sich diese Kombination von individuellem Lernen zu Hause und der Schule verfestigt.»
Kinder- und Jugendpsychologen, Lehrkräfte aus der Staatsschule, Pädagogen und viele weitere Fachkräfte hatten ihr dabei geholfen, ein Konzept zu erarbeiten: «Wir sind sowohl bei Kanton wie auch bei der Gemeinde auf grosses Wohlwollen gestossen.»
Privatschule für alle?
Was schön klingt, hat auch seinen Preis und dies im ganz konkreten Sinne: So ist ein monatliches Schulgeld zu zahlen, dessen Spannweite von aktuell 690 Franken für Kindergärtler bis 1390 für Sekundarschüler reicht. Zudem sollte zumindest ein Elternteil genügend Zeit aufwenden können, um die Kinder zwei Tage die Woche zu Hause beim Lernen zu unterstützen. Und häufig seien es die Mütter, die diesen Part übernehmen, denn «mindestens ein Elternteil braucht ein Einkommen, um sich die Kosten der Schule leisten zu können.» Zwar zahlt der Kanton Unterstützungsbeiträge an Eltern, die Kosten einer Privatschule nicht aus eigener Tasche zahlen können, doch dies eben auch nur in «Ausnahmefällen», wie auf der Website des Kantons Baselland zu lesen ist. Miedaner sagt dazu: «Es ist unser Herzenswunsch, diesen Weg allen Familien, die ihn gehen möchten, zu ermöglichen.» Deshalb setzt sie sich neben ihrer Arbeit als Schulleiterin für ein «breites und für alle zugängliches Bildungsangebot in der Schweiz» ein. Damit der Startschub für die Schule gut über die Bühne geht, hat die Schulleitung eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Doch so oder so: Der Schulbetrieb beginnt am 16. August um 9 Uhr.