Ein Leben zwischen Fantasie und Wirklichkeit
Das diesjährige Musical der elften Steiner-Klasse sorgt einmal mehr für grosse Bewunderung. Sie hatte sich für das «Gauklermärchen» von Michael Ende entschieden und lässt den Zuschauer das Fantastische spüren.
Seit den Herbstferien probten wir nahezu jedes Wochenende für dieses Musical», erzählte Schüler Rafael Feind von der elften Klasse der Rudolf Steiner Schule. Und Kollegin Sangita Singh ergänzte: «Musical, dieses Wort bedeutete so viel in den letzten Jahren. In der Unterstufe waren wir voller Bewunderung. In der Mittelstufe bedeutete Musical der Traum, einmal selbst auf der Bühne zu stehen und so grossartig zu sein wie die elfte Klasse.» Jetzt ist es so weit, und auch in diesem Jahr werden die Erwartungen weit übertroffen. Das Publikum war hell begeistert, bedankte sich mit tosendem Applaus bei den Schauspielern für ihre grossartigen Leistungen. Wer nicht dabei war, sollte es sich dieses Wochenende wirklich nicht entgehen lassen.
Schwierigkeiten überwinden – Gemeinschaft stärken
Die Schülerinnen und Schüler hatten es besonders schwer, sie mussten auf einer Baustelle proben. Der Theatersaal befindet sich im Erneuerungsprozess. Rafael Feind meinte dazu, so wie die Klasse kurz vor dem Schulabschluss stehe, ergehe es dem Musik- und Theatersaal: «Wird er einmal fertig sein, dann erst wird das Leben in ihm erwachen.» Im Rückblick schauen die Schüler auf eine sehr bewegte Zeit zurück. «Die letzten drei Wochen setzten wir uns täglich sehr intensiv mit dem Stück auseinander und versuchten Rückschläge zu ignorieren. Besonders in diesen Momenten galt es, stark zu bleiben und Geduld zu üben. Doch genau dann merkte man, wie manchmal wieder die fast verlorene Gemeinschaft aufblitzte und wir als Klasse, als Gemeinschaft versuchten, die Hindernisse und Steine, die uns in den Weg gelegt wurden, zu überwinden», so Rafael Feind.
Um Gemeinschaftssinn, um Träume, um grenzenlose Vorstellungskraft geht es natürlich auch im Musical der Klasse. Beim Sichten verschiedener Stücke war die Wahl auf das «Gauklermärchen» von Michael Ende gefallen. Ende war berühmt geworden mit seiner Literatur, welche die Welt in den Farben der Fantasie sah und mit ihrer Kraft gegen das Düstere und die Unmenschlichkeit ankämpfte. Im «Gauklermärchen» wird ein kleiner Zirkus auf die Probe gestellt. Im Überlebenskampf bekommen die Artisten von der Direktion eines Chemiekonzerns ein verlockendes Angebot. Doch dafür müssten sie ihre Eli fallen lassen, also das Mädchen, das nicht ins Erscheinungsbild passt. Doch Eli ist eigentlich die Prinzessin und mitten in der Erzählung seines Märchens erinnert sich Clown Jojo an sein Leben als Prinz im Morgenland. Davon lässt sich so wundervoll träumen – und Träume können wahr werden.
Musik von einem Ehemaligen
Der Kreis schliesst sich. Die Musik zum Theaterstück kommt aus der Vorstellungskraft von Raphael Simcic. Er stand selbst einmal als Schüler auf der Bühne der Rudolf Steiner Schule und lebt heute seinen Traum vom Komponieren. Zum Gauklermärchen fiel ihm das leicht, sagte er. «Mit seinem aktuellen Inhalt und der dichterischen Sprache entspringt ihm schon als Theaterstück viel Musikalisches. Ein Leichtes also, diese Texte in Musik umzuwandeln.» Das Publikum war von der Musik, der Liveband und dem Gesang der Schülerinnen und Schüler ausgesprochen angetan, was es mit Standing Ovations zum Ausdruck brachte. Was bleibt, ist nicht nur die Erinnerung an ein wunderschönes Musical, sondern die Empfindung, die Fantasie nicht aus dem Leben zu verbannen.