Stadtgärtnerei und Zürcher Hochschule forschen am Baum der Zukunft
In der Baumschule Arlesheim arbeitet die Stadtgärtnerei Basel am idealen Boden für den Stadtbaum. Das Projekt sorgt europaweit für Aufsehen.
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Technologiezentrum Uptown Basel stehen auf einem eingezäunten Areal rund 4000 Bäume in Reih und Glied – im Eingangsbereich die etwas mageren, weiter hinten die robusteren. Die Stadtgärtnerei Basel-Stadt, der das Areal gehört, betreibt hier seit den 1970er-Jahren die Baumschule Arlesheim und in den vergangenen Monaten schaffte es das unscheinbare Areal sogar in die Schlagzeilen. Der Grund: Die Stadtgärtnerei hat in Arlesheim ein spezielles Bodensubstrat entwickelt, das durchlässig genug für Wasser wie Luft ist und trotz städtischer Umgebungsverhältnisse die Festigkeit und Widerstandskraft der Bäume steigert – ein Basler Vorzeigeprojekt, welches bereits die Aufmerksamkeit anderer Städte in Europa erregt hat.
Rund 27 000 Bäume stehen auf Basler Stadtgebiet, oft auf asphaltiertem, beengtem Raum, was es den Pflanzen verunmöglicht, sich mit einem tiefliegenden Wurzelsystem zu verbinden. Das Substrat hilft – salopp ausgedrückt – dem Baum, schwierigen Umgebungsbedingungen zu trotzen. Das Gemisch, welches die Stadtgärtnerei entwickelt hat, trägt den Namen «Radix Plus» und ist bereits patentiert.
Pflanzenkohle im Test
Aktuell wird das Substrat unter Beimischung von Pflanzenkohle weiterentwickelt. Dieser wird grosses Potenzial als Mittel zur Kompensation der Kohlendioxidemissionen zugeschrieben – und: «Pflanzenkohle wirkt wie ein Schwamm für Nährstoffe und Wasser. Diese werden langfristig in der Kohle gespeichert und je nach Bedarf an die Pflanze abgegeben. So können Bäume auch bei längerer Trockenheit bestehen und geben ausserdem durch Verdunstung Kühle an die Umgebung ab», erklärt Robert Zeller von der Stadtgärtnerei Basel.
Allerdings: Bei der Herstellung von Pflanzenkohle entstehen kleine Mengen toxischer Stoffe, weshalb gilt: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Die Baumschule dient der Stadtgärtnerei hierbei als Testanlage. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) beteiligt sich an diesem Projekt. «Es ist ein Freiluftlabor», sagt Zeller schmunzelnd. In fünf Feldern wurden Baumrabatten mit einem jeweils unterschiedlichen Anteil an Pflanzenkohle angelegt. Solarbetriebene Sensorgeräte messen etwa Windstärke, Temperatur, Bodenfeuchtigkeit und die Transpiration des Baumes. Solche Daten sind wichtig, denn: «Je mehr der Baum transpiriert, desto mehr kühlt er die Umgebung.»
Lebendiger Kreislauf
«Die Pflanzenkohle allein macht aber noch kein ausreichendes Substrat. Erst in der Durchmischung mit anderen Stoffen entfaltet sie ihre Wirkung», sagt der studierte Landschaftsarchitekt. Im hinteren Teil des Areals befindet sich neben der Baumschule deshalb eine grosse Kompostierungsanlage. Tonnenweise Grünschnitt, ganze Berge von Material, welches in der Stadt etwa durch Mähen oder Heckenschneiden anfällt, wird nach Arlesheim transportiert, geschreddert und zerkleinert. «In einem mindestens 16‑wöchigen Prozess wird das Gut thermisch kompostiert und danach mit der Pflanzenkohle vermischt», so Zeller. Dadurch entsteht eine Art Kreislauf: Die Restprodukte der Pflanzen, welche heute die Stadt begrünen, bilden das Fundament für die Bäume von morgen. «Dieser Kreislauf ist das, was mich an meiner Arbeit fasziniert», sagt Zeller, der seit vergangenem Jahr bei der Stadtgärtnerei arbeitet und seit über zehn Jahren der Basler Baumschutzkommission als Präsident vorsteht.
Für Sofortgebrauch
«Im Sinne der Biodiversität und der Klimaveränderung ziehen wir hier ganz unterschiedliche Bäume auf – zum einen einheimische wie Ahorne oder Linden, zum anderen aber auch Arten aus dem Mittelmeerraum», sagt Robert Zeller. Viele Bäume leben ein paar Jahre in Arlesheim, bevor sie in die Stadt transportiert werden. Einige aber werden, wie Robert Zeller beim Rundgang durch die Baumschule zeigt, in Behältern aufgezogen, sogenannten Air-Pots: «Hierbei ist es explizit nicht erwünscht, dass die Pflanze in den Boden einwurzelt. Dadurch verbessern wir die Verfügbarkeit, wenn etwa ein Baum in der Stadt von einem Auto angefahren wird und wir einen kurzfristigen Ersatz brauchen.»