Pizza, Pistolen, Posamenter
Eine vergnügliche Matinee am Sonntagmorgen in Dornach: Das Gipfeltreffen erlebte eine kurzweilige und mit vielen Lachern gespickte Premiere.
Man serviere gratis Gipfeli und Kaffee, verlange keinen Eintritt – und schon kommt das Publikum in Strömen. Nein, das wäre gar zu kurz gegriffen – und würde der gelungenen Premiere des vom Reinacher Kulturduos Barbara Preusler und Aernschd Born initiierten «Gipfeltreffens» gar nicht gerecht. Vielmehr sind es ein überzeugendes Gesamtkonzept, interessante Gäste und ein vorgängig gutes Marketing, das dem Birsstädter Kulturtempel neuestheater.ch am Sonntagmorgen ein volles Foyer beschert hat.
Der von Martina Rutschmann und Aernschd Born entspannt moderierte Talk war unterhaltsam und – so soll Infotainment sein – auch lehrreich. Von der 20-jährigen Reinacherin Vivien Bieger erfuhr man etwas über die Wichtigkeit und Dringlichkeit von Stammzellenspenden, die das Leben von an Leukämie erkrankten Menschen retten können. Dafür setzt sie sich als Co-Präsidentin des Vereins «Marrow Basel» ein. Von der balletttanzenden Zahnmedizinstudentin erfuhr man aber auch, dass man ein Stück Pizza nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf der Skipiste findet – dort verwendet Vivien Bieger das Wort als Sprachbild für den Stemmbogen, den sie den Kindern als Skilehrerin in Engelberg beibringt.
Von Stephanie Eymann wiederum erhielt man Einblicke in ihren Alltag als erste Chefin der Baselbieter Verkehrspolizei. Das Publikum erfuhr, dass es nicht ihr Mädchentraum gewesen sei, als Pistolen bewaffnetes «Schuggermiisli», wie sie sich manchmal ironisch selber nenne, mit Herrn und Frau Baselbieter über unsinnige Verkehrsregeln oder ungerechtfertigt erteilte Bussen zu diskutieren. Auch Persönliches war zu vernehmen: Im Kleinbasel aufgewachsen, lebt sie heute gern «ab vom Schuss» im Oberbaselbiet mit Liedermacher und Schauspieler Florian Schneider.
Oberbaselbieter Songbook
Dieser war dritter Gast und sorgte für den intensivsten Moment, als er zur Gitarre griff und seinen Baselbieter Chriesbaum-Blues anstimmte. Schneider schreibt eindringlich am Oberbaselbieter Songbook, das im Unterschied zum Berner Mundartlied (noch) ohne Tradition dasteht. Wort- und Stimmgewaltig beschwor er in der Haut seines Alter Egos Muser Schang das Leben seiner Reigoldswiler Ahnen als «Posamenter» und «Schöchli»-Macher. Die Rede ist von Seidenband-Webern und Heuhaufen – wieder was gelernt.
Gefragtes Format
Der Applaus, die Zugabe und die vom Publikum gern goutierte Zeitüberschreitung waren untrügliches Zeichen einer gelungenen Erstausgabe dieser Sonntagsmatinee. In Zeiten von Social Media und gesellschaftlicher Atomisierung sind Formate, die Menschen aus unterschiedlichsten Lebenswelten auf der Bühne und in den Publikumsrängen zusammenbringen, ein Gewinn – und gefragt, wie das bis auf den letzten Platz besetzte Foyer bewies.
Das nächste Gipfeltreffen findet am Sonntag, 5. Mai, statt, wieder im Foyer von neuestheater.ch. Gäste sind Karin Müller, Chefredakteurin von TeleBasel, Daniel Beutler, Traktor-Reisender aus Duggingen, und Liv Markus’, Künstlerin aus Biel-Benken. Reservieren lohnt sich: <link>gipfeltreffen.bl@gmail.com.